„Du kannst misch ‚aben“

Kaufbeuren Im April mussten Mandy & Kylian ihre Fans noch vertrösten. Da war das Travestie-Duo selbst zwar in Kaufbeuren, doch das Gepäck lag auf einem Flughafen in Frankreich – Auftritt abgesagt. Zum Ausgleich legten die beiden nun im Uncle Satchmo’s eine Sonderschicht ein: Nach zwei knallvollen Abenden gab’s eine zusätzliche Show mit dem neuen Programm „Las Vegas“.
Schräg, schrill, frivol und unglaublich rasant, so präsentiert sich auch die neue Revue der beiden Entertainer, die im nächsten Jahr tatsächlich über den großen Teich fliegen und in Las Vegas auftreten. Die Amis können sich auf was gefasst machen, denn Mandy & Kylian stehen unter Strom. Der Takt ihrer Show ist atemraubend: Tanzen, Singen, Zaubern, Frauen anmachen, Männer verführen, Witze reißen, nach drei Minuten in ein anderes, knallbuntes Kostüm schlüpfen – alles geschieht mit spielerischer Leichtigkeit.
Auch der Draht zum Publikum ist sofort da. Alles folgt der Show begeistert, denn jeder weiß: Mandy, die scharfe Blondine auf der Bühne, ist eigentlich ein Mann. Doch nichts ist stärker als die menschliche Vorstellungskraft. Ein feuriger Cancan zum Start, ein langer Blick auf die noch viel längeren Beine, ein hellblaues Augenzwinkern, ein hingehauchtes Küsschen, und der Ehemann in der ersten Reihe bekommt rote Backen. „Ich liebe Männer mit einem L in der Mitte, so wie Hellllmut“, seufzt Mandy und zeigt ihren knallroten Schmollmund im Brigitte-Bardot-Format.

Und natürlich liebt Mandy auch Kylian, ihren Partner. Was wiederum die Frauen im Publikum gut nachvollziehen können. Denn als Monsieur Kylian zu Tom Jones und „Sex Bomb“ (fast) alle Hüllen fallen lässt, atmen nicht nur die Kellnerinnen tief durch. Auch die Damen am Zweiertisch fangen an zu tuscheln, denn der braungebrannte Stripper ist wirklich sehr gut gewachsen, wie die Allgäuer sagen. Kein muskelbepacktes ChippendaleMonster im Schnürl-Tanga, sondern ein fescher, durchtrainierter Bursch mit CasanovaBlick und einem Lächeln, das mit französischem Akzent flüstert: „Du kannst misch ‚aben.“
Frivol, doch nie schmuddelig.

Dass die frivolen Späßchen zwar derb daherkommen, aber immer fein ausbalanciert sind und nie ins Schmuddelige gehen, macht die Klasse dieses Duos aus. Auch die scheinbar mühelose Umstellung der für große Bühnen wie im Hamburger „Pulverfass“ konzipierten Choreographie auf die beengten Verhältnisse im Uncle Satchmo’s zeigt den professionellen Charakter der beiden. Selbst eine ausgereifte Magier-Nummer mit einer großen Holzbox, in der Mandy verschwindet (und natürlich unversehrt wieder auftaucht), fand irgendwie Platz auf der Mini-Bühne.

Zwei besonders starke Nummern des Duos fehlen auch im neuen Programm nicht: Mandys Metamorphose vom grausligen Teufel mit blutroten Hörnern zum sexy Engel im weißen Kleid, das auch Cher gut stehen würde. Und natürlich ihre umwerfende Tina-TurnerNummer. Die ist wirklich „saustark“, da muss man dem Publikum recht geben.

 

Allgäuer Zeitung, 07.12.2006 – 0. Fritsch

Foto: Langer