Erfrischend unkonventionell

Uncle Satchmo’s Vivid Curls mit letztem Konzert vor der Babypause

Kaufbeuren Es gibt ganz unterschiedliche Arten der Brauchtumspflege. Selten kommt sie so erfrischend unkonventionell daher wie bei den beiden musikalischen Lockenköpfen der Vivid Curls. Irene Schindele (Akustikgitarre und Gesang) und Inka Kuchler (Gesang und Mundharmonika) sind mittlerweile über die Region hinaus bekannt für ihre gefühlvollen und dabei schnörkellosen Songs in Allgäuer Mundart, mit denen sie ihrer Heimat mit den charakteristischen „Wiesa, Baim und Berg“ huldigen. Dass das Wiggensbacher Frauenduo auch in Kaufbeuren eine Fangemeinde hat, zeigte sich im ausverkauften Uncle Satchmo’s „Unser letztes Konzert vor unserer gemeinsamen Babypause“, wie Inka Kuchler bei der Begrüßung des erwartungsvollen Publikums ankündigte. Ein Umstand, durch den die beiden Vivid Curls nichts von ihrem Temperament und ihrer Bühnenpräsenz einbüßten. Titel vom „Allgäu“-Album wie „Ganz oifach it miad“ und „D’eigene Grind“ wurden ebenso kraftvoll vorgetragen wie die Coverversionen von Melissa Etherigdes „Like the way I do“ und „Taking the long way“ von den Dixie Chicks.

Diese Ausflüge hin zu US-Rock und Country wechselten sich ab mit spanischen Klängen und eigenen Songs aus dem Allgäuer Mundart-Repertoire, die zum genauen Hin­hören animieren. Denn zeitlose Themen wie Heimat(-liebe) werden von den beiden köpfen ebenso vertextet wie Kritik an sozialen Missständen, die selbst beim Weihnachtslied „Christkind fliag“ anklingt. Gekonnt verbinden die Vivid Curls Tradition und Moderne und lassen sich auf keine bestimmte Richtung festlegen. „Zwischen Folk und Akustik Rock“, so ordnen sie sich selbst ein.

Seit fünf Jahren

Seit fünf Jahren wandert das erfolgreiche Duo von Bühne zu Bühne, seit 2007 unterstützt von einer Drei-Mann-Band. So treten sie bei ihren Konzerten mal als Akustik-Duo, mal als Band unplugged, mal in Band-Vollformation auf. Auch wenn im Ursprung der Vivid Curls die Performance zu zweit ist: Die drei Allgäuer Musiker ergänzen das Duo perfekt, verleihen den Songs Volumen, ohne den Gesang zu übertönen. Werner K begeisterte das Publikum im Satchmo’s mit einem mitreißenden Solo. Auch Schlagzeuger Markus Wohner und Bassist Peter Wachter konnten bei der Zugabe noch einmal ihr Können demonstrieren. Ein gelungener Tourabschluss für die Vivid Curls, die ihre Fans nicht lange warten lassen: Das erste Konzert nach der Babypause ist bereits für den 23. April 2010 im Kaminwerk/Kulturzentrum Memmingen geplant. Zeitgleich erscheint die neue CD.

Das Duo aus Wiggensbach ist seit fünf Jahren erfolgreich.

 

Allgäuer Zeitung, 2.12.2009 – Kirsten Posautz

Foto: Harald Langer

 

Wechselhaft, aber heiter

Wechselhaft, aber heiter

Konzert „Klezmer Connection“ macht gute Musik und gutes Wetter

Kaufbeuren Klezmer ist eine Gratwanderung. Er fordert bedingungslose Leidenschaft und absolute Disziplin zugleich. Nirgendwo sonst in der Musik ist die Gefahr so groß, ins Unglaubwürdige abzurutschen. Die Verführung lauert hinter jedem Akkord – und die Verantwortung ist immens: Als Hochzeitsmusik ist Klezmer auch eine Wettervorhersage für die nächsten 50 trauten Jahre. Und dieser musikalische Vorgriff auf das künftige Eheleben sollte halbwegs realistisch ausfallen. Also bitte schön nicht zu viel Leid und auf keinen Fall zu viel Glückseligkeit.

Wie routiniert und beeindruckend frisch man diesen Wunsch erfüllen kann, zeigte die „Klezmer Connection“ aus Österreich beim Kulturring-Konzert im Adlerkeller. Das eigentlich Überraschende an der Salzburger Profi-Formation ist aber nicht nur die Besetzung einer (traditionell überwiegend instrumentalen) Klezmer-Band mit einer Sängerin. Auch bei der Interpretation des alten Liedgutes gehen die Musiker ihre eigenen Wege. Beim neuesten Projekt, der im Februar erschienenen CD „Meschuge“, lassen sie den Klezmer auch international auf Reisen gehen. Mit Folgen: Da blitzt schon mal kurz ein deftiger Reggae auf, um gleich wieder von einem jazzig angehauchten Blues abgelöst zu werden. Die von Marion Ellmer auf jiddisch vorgetragenen Lieder lassen aber keinen Zweifel daran, dass es sich beim Klezmer um einen fröhlich-ernsthaften Blick in die Zukunft handelt.

Fazit: Ein feiner, mit viel Applaus bedachter Klezmer-Abend mit einer spieltechnisch überragenden Band, die Klezmer-Musik ins Heute transferiert, ohne ihr die historischen Wurzeln zu nehmen.

 

Allgäuer Zeitung, 12.05.2009 – Otto Fritsch

Foto: Otto Frisch

Keine Angst vor Berlusconi

Keine Angst vor Berlusconi

Pippo Pollina beweist politische Geradlinigkeit und musikalisches Können

Kaufbeuren Ein Stück Italien brachte Sängerpoet Pippo Polina bei seinem Auftritt in die Kellerbühne „Uncle Satchmo’s“. Doch nicht das Postkarten-Italien, sondern das Land der Bewohner, die sich nicht darum scheren, ob es ihrem Ministerpräsidenten passt, wenn sie das revolutionäre „Bella Ciao“ am ersten Maifeiertag singen, stand an diesem Abend im Mittelpunkt.

Der 45-Jährige erklärte es mit einem Scherz: „Was ist der Unterschied zwischen Gott und Berlusconi? – Gott glaubt nicht, dass er Berlusconi ist!“ Damit zählt der in Palermo geborene Sizilianer zu den wenigen italienischen Künstlern, die dem Medienmogul und wichtigstem Mann im Staat mit Kritik zu begegnen wagen. Doch zum einen lebt Pollina in der Schweiz und zum anderen ist er dafür bekannt, unbequeme Wahrheiten auch in seinen Liedtexten nicht zu unterdrücken. Wenn er von den „Cento Passi“, den hundert Schritten singt, erzählt er die Geschichte eines Jungen, der in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegen die Korruption kämpfte und ein Opfer der Cosa Nostra wurde.

Er glaubt daran, dass Musik und Kunst eine Aufgabe haben, nämlich die, sich für gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen. Seine Hommage an den ermordeten chilenischen Dichter Victor Jara „II giorno del falco“ gehört ebenso dazu, wie „Questa nuova Realtä“ (Diese neue Wirklichkeit) über das Erstarken der rechtsextremen Szene in Deutschland und Italien. Doch ist dies nur die eine Seite des Cantauto-re, des vielseitigen Liedermachers, der seine Texte neben Italienisch auch in Deutsch, Französisch und Englisch vorträgt. Er versteht auch, glänzend zu unterhalten, wenn er über einen Hund namens „Fido“ singt, oder zwischen seinen Liedern Geschichten erzählt. Geschichten von seinem Aufenthalt in Argentinien, der Heimat des Tangos, der bis in die 1940er Jahre hinein allein von Männern getanzt wurde und nicht allein Musik sei, sondern ein ganzes Lebensgefühl ausdrücke.

Pollina ist obendrein ein Virtuose am Keyboard, der Gitarre und erst recht am Tamburin, mit dem er wahre Begeisterungsstürme des Publikums im Jazzkeller entfesselte. Mit diesem war er bei seinem Auftritt stets im Dialog und ließ aus einer Liste seines umfangreichen Repertoires auch Publikums-Wünsche zu, die er mit seiner ausdrucksstarken Stimme erfüllte.

Eine lebendige und sehr persönliche Konzertatmosphäre, die echtes, italiensches Lebensgefühl vermittelte. Davon konnten die Zuschauer gar nicht genug bekommen und erklatschten sich zahlreiche Zugaben, ehe sie den Ausnahmekünstler gehen ließen.

 

Allgäuer Zeitung, 09.04.2009 – Elisabeth Klein

Foto: Elisabeth Klein

Max Greger auf die Schuhe schauen

Max Greger auf die Schuhe schauen

Der Saxofon-Star hat auch schon im Kaufbeurer „Uncle Satchmo’s“ gespielt. Das Ehepaar Mergenthaler-Rech bringt hauptsächlich Jazz auf die Kellerbühne Lieder

Kaufbeuren Eigentlich könnte sich Rudi Mergenthaler ja selbst auf die Bühne stellen und seine Späße machen. Dummerweise ist es mit seiner Schlagfertigkeit jedoch vorbei, sobald er ein Mikrofon in der Hand hat. Deswegen überlässt er Bühne und Mikro doch lieber seiner Frau Yvonne Rech – oder Kabarettisten und Musikern. Seit 1997 betreiben die beiden Wirtsleute des Kaufbeurer „Adlerkellers“ im Bierkeller des Gebäudes den Club „Uncle Satchmo’s“, der vor allem Jazzfans aus der Region ein fester Begriff ist.

An den Wänden hängen Schwarzweiß-Plakate von Jazzgrößen wie Duke Ellington, über der Bar prangen zwei E-Gitarren: Wenn abends die Besucher ins „Satchmo’s“ strömen, tun sie es zumeist um der Musik Willen. „Wir sind der einzige kommerzielle Jazzclub in Deutschland“, behauptet Mergenthaler. Er meint damit: Das „Satchmo’s“, mit gerade mal 80 Plätzen doch recht klein, kommt ganz ohne öffentliche Zuschüsse aus. „Wir wollten immer unabhängig sein“, betont die 61-jährige Yvonne Rech.

Doch um das zu bleiben, müssten sie ein Programm bieten, „bei dem für jeden etwas dabei ist“, so der 55-jährige Mergenthaler: Jazz und andere Musik, Kabarett, Themenabende oder die beim Publikum beliebten Travestie-Shows. Mit Jazz allein sei heutzutage kein Schnitt zu machen.

Am Anfang des „Uncle Satchmo’s“ stand Petrus. Denn immer dann, wenn im Adlerkeller-Biergarten – das Restaurant betreiben die beiden schon seit Mitte der 1980er Jahre – gejazzt werden sollte, schickte der Wetterapostel Regen. Irgendwann wurde es Mergenthaler zuviel:- Als neue Indoor-Location hatte er den ungenutzten Bierkeller des eigenen Lokals ausgemacht. In zwei, drei Monaten wäre dieser flott umgebaut. Eine Schnapsidee, fand seine Frau zunächst. Mergenthaler legte trotzdem los. Aus den drei Monaten wurden zwei Jahre. Doch dann war er fertig, der eigene Club.

Großes Selbstbewusstsein

Bereut hat es das Betreiberehepaar nie, an Selbstbewusstsein mangelt es den beiden sowieso nicht. Warum auch: Schon einige Male gelang es der ehemaligen Stewardess und Radiomoderatorin Yvonne Rech, die für das Booking im „Satchmo’s“ zuständig ist, Künstler in das Gewölbe zu locken, die sonst vor weit größerer Kulisse spielen – durch Verhandlungsgeschick und, wenn nötig, auch durch Penetranz. „Yvonne, ich komme nach Kaufbeuren, du gibst sonst ja keine Ruhe“, soll die Sängerin Harriet Lewis einmal sinngemäß gesagt haben. Hartnäckigkeit zahlt sich aus.

Auch bei Max Greger – sowohl dem Junior als auch dem Senior. Der Sohn kommt mehrmals im Jahr, der Vater musiziert auch gerne im Kaufbeurer Jazzkeller. „Yvonne“, habe der Altmeister laut Rech, „seit 40 Jahren hat das Publikum zum ersten Mal wieder meine Schuhbändchen gesehen.“

Mit Greger verbunden ist wohl auch der größte Erfolg des „Uncle Satchmo’s“: Gemeinsam mit seinem Sohn und Hugo Strasser spielte er an drei Tagen nacheinander in Kaufbeuren, dreimal volles Haus – obwohl die Karten für diese außergewöhnliche Veranstaltung mit je 160 Euro geradezu sündhaft teuer waren. „Vor der Tür sind sie für noch mehr Geld gehandelt worden“, berichtet Mergenthaler.

Auf andere Gäste ist man nicht weniger stolz: auf den italienischen Liedermacher Pippo Pollina etwa, der demnächst wiederkommen wird, auf den Beatles-Entdecker Tony Sheridan oder die Gruppe Quadro Nuevo. Doch Mergenthaler und seine Frau haben noch Pläne – und Träume. Einmal Peter Maffay im „Satchmo’s“ und einmal Joe Cocker wünscht er sich. Verwegene Wünsche. Doch bei Max Greger hätte man das ja auch gedacht.

Das „Uncle Satchmo’s“

● Gründung: 1997 im historischen Bierkeller des Restaurants „Adlerkeller“
● Bisherige Gäste: unter anderem Max Greger senior und junior, Tony Sheridan, Benny Bailey, Kiazz Brothers & Cuba Percussion. Christian Überschau
● Aktuelles Programm: No Worries Mate (3. April), Pippo Poilina (5. April), Perfect Soulution (25. April).
● Kontakt und Reservierung: Telefon 08341/2441, E-Mail:

 

Allgäuer Zeitung, 01.04.2009 – Marcus Golling

Mehr als ein Schlagzeuger

Mehr als ein Schlagzeuger

Das Max-Kinker-Trio im Uncle Satchmo’s

Kaufbeuren Darauf haben die Kinker-Fans lange gewartet: Mit „Easy Swing“ präsentiert der Marktoberdorfer Schlagzeuger Max Kinker seine erste, gemeinsam mit seinem Sohn Moritz (am Kontrabass) eingespielte CD. Einen Vorgeschmack auf das neue, eingängige Jazz-Album gab Kinker nun im Uncle Satchmo’s. Mit an Bord und aus der Max Kinker Band nicht wegzudenken: Beppi Ernst am Piano.

Die Lehrstunde in Sachen Swing begann mit dem klassischen Titel „I can’t give You anything but Love“ und einer handfesten Überraschung: Statt am Schlagzeug gab Kinker den Rhythmus mit dem Vibraphon vor. Sehr präzise, mit viel Gefühl und dem richtigen Druck (was sich bei einem Perfektionisten wie Kinker von selbst versteht) und mit dem eigentümlichen Sound des Vibraphons, das Erinnerungen an Begleitbands in alten Fernsehshows aufkommen lässt.

Erst für „The Cute“ wechselte Max Kinker wieder zu seinem Lieblingsinstrument und nahm darin ein Klischee aufs Korn, mit dem er selbst zu kämpfen hat. Denn „The Cute“ ist natürlich längst nicht so nett und harmlos wie es der Titel suggeriert, sondern extrem fordernd und vollgestopft mit spieltechnischen Hürden. Auch Max Kinkers Image als braver, netter Universal-Schlagzeuger kommt spätestens dann ins Wanken, wenn er vor seinem Parade-Solo das schwarze Sakko auszieht und danach die Wände wackeln lässt. Duke Ellingtons schweißtreibender „Caravan“, darauf bestehen die Fans, darf bei keinem Abend mit der Kinker-Band fehlen.

Flinke Finger allerorts

Bevor der swingende Wohnwagen mit aller Macht durch das Kellergewölbe rauschte, erhielten Beppi Ernst und Moritz Kinker viele Gelegenheiten, sich richtig auszutoben. Ob Kinker junior am Bass oder Ernst am Keyboard: Flinke Finger haben beide. Während Moritz Kinker mit funkig angehauchten Soli glänzte, konnte Beppi Ernst besonders bei „Black Orpheus“ seine langjährige Bühnenerfahrung als Pianist richtig ausspielen. Für „What a Difference a Day makes“ aber schaltete Ernst einen Gang zurück, denn dieses Stück gehörte dem Bandleader – in einer ungewohnten Rolle: Als Sänger erreicht Max Kinker zwar nicht das hohe Niveau seiner Schlagzeug-Fertigkeiten, doch gibt er immer noch eine ganz passable Figur ab.

 

Allgäuer Zeitung, 12.2008 – Otto Fritsch

Foto: Wild

Die richtige Mischung macht’s

Die Lästerschwästern – Das Kabarett-Duo und seine Vorschläge zur Fortpflanzung

Kaufbeuren Ein Kabarettabend, der mit einer Schweigeminute beginnt? Ungewöhnlich, doch Hintergrund des Auftritts der „Lästerschwästern“ war schließlich ein ernstes Thema: Die Deutschen sterben aus! Mindestens 50 Prozent mehr Kinder werden gebraucht, um den schleichenden Untergang der Deutschen zu verhindern, bevor diese auf der Artenschutzliste erscheinen und die wenigen verbliebenen Babys in Streichelzoos enden.
„Poppst du noch oder zeugst du schon“ hieß sinnigerweise das Programm der „Schwästern“ D’oro Thea Riemer und Martina Wick-Laudahn, in dem sie sich bei ihren Gastspiel im Uncle Satchmo mit dem wichtigsten Thema seit Anbeginn der Menschheit beschäftigten. Kein weiter Weg vom Eiweißsprit-zerl zur Menschwerdung? Weit gefehlt! Drei verschiedene Blickwinkel waren es, aus denen die beiden 50-jährigen sich dem vermeintlich kurzen Augenblick in epischer Breite näherten.
Dabei schlüpften sie in die unterschiedlichsten Rollen, wie etwa die der beiden Stammtischbrüder Faus-ti und Gustl, die von einem Samenhandel träumen, der ihnen uner-messlichen Wohlstand beschert. Als Karrierefrauen des Fortpflanzungszentrums „Design a Baby“, in dem unterschiedliche Keimzellenmischungen wie „Global Player“, „Euro-Mischung“ oder „CSU-Mischung mit eingebautem Papst-Gen“ und sogar eine „Barbie-Intel-ligenz-Mischung“ angeboten werden, nahmen sie konträre Standpunkte ein. Während D’oro auf einen Businessplan mit genauem Spermiogramm für das nach Wunsch designte Baby schwor, vertrat Martina die Bioschiene nach Mondphase und Feng-Shui. Ihr sind der „Röhr’l-Toni und s’Pipetten-Annerl“ einfach suspekt.

Die Qual der Wahl

Höhepunkt war jedoch der dritte Blickwinkel auf Samenzelle und Eizelle, die sich einen verbalen Kampf um die Verschmelzung liefern. Während Martina als Samuel alles tat, um die zickige Eileen herumzukriegen, wollte sich diese nicht von jedem daher geschwommenen Hodenflüchtling erobern lassen. Dabei gab sich Samuel alle Mühe, intonierte sogar selbst verfasste Gedichte, doch vergebens. Ehe Eileen erkannte, dass sie nur die Wahl zwischen Verschmelzung oder Zwangsräumung hat, wurde ihr Betrieb nach langen Jahren geschlossen.
Nur mit unterschiedlichen Kopfbedeckungen wechselten die „Lästerschwästern“ ihre jeweiligen Rollen und philosophierten, witzelten und überspitzten in bester Kabarettkunst. Dabei wurde derart hemmungslos über die Stränge geschlagen, dass der Niederbayerin Wick-Laudahn irgendwann sogar die Stimme versagte. Nach einer Hustenbonbonspende aus dem Publikum konnte schließlich weiter gelästert und die Vorstellung eines tragbaren Uterus ausgebreitet werden. „Das wäre doch Outsourcing im besten Sinne: kein dicker Bauch und Cellulitis, keine Krampfadern“.
Schrill und skurril bezogen sie in ihr Programm auch die Zuschauer mit ein, indem vor der Pause an alle potentiellen Samenspender Pappbecher verteilt wurden. Ein freches und zugleich dreistes Unterfangen, auf das sich ein bestens gelauntes Publikum gerne einließ. Gab es doch wäh rend des ideenreichen Programms im Zentrum der Erzeugung reichlich zu lachen, ohne dass die beiden Damen allzu heftige Hiebe unter die Gürtellinie austeilen mussten.

 

Allgäuer Zeitung, 28.10.2008 – Elisabeth Klein

Foto: Langer