Mehr als ein Schlagzeuger

Mehr als ein Schlagzeuger

Das Max-Kinker-Trio im Uncle Satchmo’s

Kaufbeuren Darauf haben die Kinker-Fans lange gewartet: Mit „Easy Swing“ präsentiert der Marktoberdorfer Schlagzeuger Max Kinker seine erste, gemeinsam mit seinem Sohn Moritz (am Kontrabass) eingespielte CD. Einen Vorgeschmack auf das neue, eingängige Jazz-Album gab Kinker nun im Uncle Satchmo’s. Mit an Bord und aus der Max Kinker Band nicht wegzudenken: Beppi Ernst am Piano.

Die Lehrstunde in Sachen Swing begann mit dem klassischen Titel „I can’t give You anything but Love“ und einer handfesten Überraschung: Statt am Schlagzeug gab Kinker den Rhythmus mit dem Vibraphon vor. Sehr präzise, mit viel Gefühl und dem richtigen Druck (was sich bei einem Perfektionisten wie Kinker von selbst versteht) und mit dem eigentümlichen Sound des Vibraphons, das Erinnerungen an Begleitbands in alten Fernsehshows aufkommen lässt.

Erst für „The Cute“ wechselte Max Kinker wieder zu seinem Lieblingsinstrument und nahm darin ein Klischee aufs Korn, mit dem er selbst zu kämpfen hat. Denn „The Cute“ ist natürlich längst nicht so nett und harmlos wie es der Titel suggeriert, sondern extrem fordernd und vollgestopft mit spieltechnischen Hürden. Auch Max Kinkers Image als braver, netter Universal-Schlagzeuger kommt spätestens dann ins Wanken, wenn er vor seinem Parade-Solo das schwarze Sakko auszieht und danach die Wände wackeln lässt. Duke Ellingtons schweißtreibender „Caravan“, darauf bestehen die Fans, darf bei keinem Abend mit der Kinker-Band fehlen.

Flinke Finger allerorts

Bevor der swingende Wohnwagen mit aller Macht durch das Kellergewölbe rauschte, erhielten Beppi Ernst und Moritz Kinker viele Gelegenheiten, sich richtig auszutoben. Ob Kinker junior am Bass oder Ernst am Keyboard: Flinke Finger haben beide. Während Moritz Kinker mit funkig angehauchten Soli glänzte, konnte Beppi Ernst besonders bei „Black Orpheus“ seine langjährige Bühnenerfahrung als Pianist richtig ausspielen. Für „What a Difference a Day makes“ aber schaltete Ernst einen Gang zurück, denn dieses Stück gehörte dem Bandleader – in einer ungewohnten Rolle: Als Sänger erreicht Max Kinker zwar nicht das hohe Niveau seiner Schlagzeug-Fertigkeiten, doch gibt er immer noch eine ganz passable Figur ab.

 

Allgäuer Zeitung, 12.2008 – Otto Fritsch

Foto: Wild

Die richtige Mischung macht’s

Die Lästerschwästern – Das Kabarett-Duo und seine Vorschläge zur Fortpflanzung

Kaufbeuren Ein Kabarettabend, der mit einer Schweigeminute beginnt? Ungewöhnlich, doch Hintergrund des Auftritts der „Lästerschwästern“ war schließlich ein ernstes Thema: Die Deutschen sterben aus! Mindestens 50 Prozent mehr Kinder werden gebraucht, um den schleichenden Untergang der Deutschen zu verhindern, bevor diese auf der Artenschutzliste erscheinen und die wenigen verbliebenen Babys in Streichelzoos enden.
„Poppst du noch oder zeugst du schon“ hieß sinnigerweise das Programm der „Schwästern“ D’oro Thea Riemer und Martina Wick-Laudahn, in dem sie sich bei ihren Gastspiel im Uncle Satchmo mit dem wichtigsten Thema seit Anbeginn der Menschheit beschäftigten. Kein weiter Weg vom Eiweißsprit-zerl zur Menschwerdung? Weit gefehlt! Drei verschiedene Blickwinkel waren es, aus denen die beiden 50-jährigen sich dem vermeintlich kurzen Augenblick in epischer Breite näherten.
Dabei schlüpften sie in die unterschiedlichsten Rollen, wie etwa die der beiden Stammtischbrüder Faus-ti und Gustl, die von einem Samenhandel träumen, der ihnen uner-messlichen Wohlstand beschert. Als Karrierefrauen des Fortpflanzungszentrums „Design a Baby“, in dem unterschiedliche Keimzellenmischungen wie „Global Player“, „Euro-Mischung“ oder „CSU-Mischung mit eingebautem Papst-Gen“ und sogar eine „Barbie-Intel-ligenz-Mischung“ angeboten werden, nahmen sie konträre Standpunkte ein. Während D’oro auf einen Businessplan mit genauem Spermiogramm für das nach Wunsch designte Baby schwor, vertrat Martina die Bioschiene nach Mondphase und Feng-Shui. Ihr sind der „Röhr’l-Toni und s’Pipetten-Annerl“ einfach suspekt.

Die Qual der Wahl

Höhepunkt war jedoch der dritte Blickwinkel auf Samenzelle und Eizelle, die sich einen verbalen Kampf um die Verschmelzung liefern. Während Martina als Samuel alles tat, um die zickige Eileen herumzukriegen, wollte sich diese nicht von jedem daher geschwommenen Hodenflüchtling erobern lassen. Dabei gab sich Samuel alle Mühe, intonierte sogar selbst verfasste Gedichte, doch vergebens. Ehe Eileen erkannte, dass sie nur die Wahl zwischen Verschmelzung oder Zwangsräumung hat, wurde ihr Betrieb nach langen Jahren geschlossen.
Nur mit unterschiedlichen Kopfbedeckungen wechselten die „Lästerschwästern“ ihre jeweiligen Rollen und philosophierten, witzelten und überspitzten in bester Kabarettkunst. Dabei wurde derart hemmungslos über die Stränge geschlagen, dass der Niederbayerin Wick-Laudahn irgendwann sogar die Stimme versagte. Nach einer Hustenbonbonspende aus dem Publikum konnte schließlich weiter gelästert und die Vorstellung eines tragbaren Uterus ausgebreitet werden. „Das wäre doch Outsourcing im besten Sinne: kein dicker Bauch und Cellulitis, keine Krampfadern“.
Schrill und skurril bezogen sie in ihr Programm auch die Zuschauer mit ein, indem vor der Pause an alle potentiellen Samenspender Pappbecher verteilt wurden. Ein freches und zugleich dreistes Unterfangen, auf das sich ein bestens gelauntes Publikum gerne einließ. Gab es doch wäh rend des ideenreichen Programms im Zentrum der Erzeugung reichlich zu lachen, ohne dass die beiden Damen allzu heftige Hiebe unter die Gürtellinie austeilen mussten.

 

Allgäuer Zeitung, 28.10.2008 – Elisabeth Klein

Foto: Langer

Top Travestie

Diese beiden sind echt ’ne Nummer, das weiß man inzwischen in Kaufbeuren. Und so hatte das Travestie-Duo Mandy & Kilian auch wieder entsprechenden Zulauf bei seinen beiden Auftritten im Uncle Satchmo’s. Kein Wunder, garantiert das Duo doch nicht nur androgynes Knistern, sondern auch eine ausgefeilte Performance.

03./04.05.2008

Foto: Wild

Blue Night mit der Blue Note Blues Band

Blue Night mit der Blue Note Blues Band

Tanzend durch die blaue Nacht

„Blue Night“ 1300 Musikfreunde in den Kneipen – und auf den Straßen bleibt es ruhig

Kaufbeuren Samstagnacht gegen halb elf. Die Kaufbeurer Fußgängerzone wirkt wie ausgestorben. Nur das Summen der Klimaanlagen ist zu hören. Weit vorn klackern Stöckelschuhe übers Pflaster. Die Mädels sind auf der Suche nach dem guten Sound – und liegen richtig: Zwei Blocks später dringt das erste Brandungsrauschen ans Ohr: Ein leises Musikgeplätscher im Meer der Stille. Beim Stadtbrunnen dann endlich: „Land in Sicht“. Die Musik wird lauter, die Menschen ausgelassener. Der Strand der „Blue Night“-Hauptinsel ist nur noch 100 Meter entfernt.

Drei Bands spielen dort – in drei verschiedenen Kneipen, die zur festen Einrichtung der „Blue-Night“ gehören. Die Auswahl an der Ecke Kaiser-Max-Straße/Am Breiten Bach: Samba mit „Bem Brasil“ in „Carlo’s Bar“ und im Partyzelt auf der Straßenseite, feiner Swing mit „Long Island Ice T.“ im „Hof-Café“ und deftigen Rock’n Roll mit den „Grooveties“ im „Hirschkeller“. Ringsherum, auf den Straßen der Altstadt, ist wenig los. Kaufbeurens Live-Musikveranstaltung, spielt sich trotz frühsommerlicher Temperaturen und 1300 verkaufter Eintrittskarten überwiegend in den neun teilnehmenden Kneipen ab.

Nur eine Gruppe (leider mäßig begabter) Nachwuchs-Jodler zieht laut juchzend in Richtung Rathaus. Eine Zwischenetappe, denn ganz in der Nähe spielt einer der musikalischen Geheimtipps der 2008er „Blue Night“: Im „el Greco“ ist es pumpvoll – alle wollen die Band „for2go“ erleben. Nicht jeder schafft es wirklich nach oben, da steppt der Bär. Doch auch unten im Rosental ist das Stimmungs-Trio gut zu hören. Zum ersten Mal dabei und gleich heftig besucht: Das „Café Valentin“ in der Neuen Gasse und das „Café am Fünfknopfturm“. Den Afraberg hinauf ist Kondition gefragt, doch der Blick vom Fuß des Fünfknopfturms übers nächtliche Kaufbeuren entschädigt für die Plackerei. Drinnen im Café spielt „W.O.X. Entertainment“, doch bis zur Band vorzudringen ist schier unmöglich. Das klappt auch bei der zweiten „Newcomer“-Kneipe des Abends nur mit Mühe: Leute mit Platzangst sind im „Café Valentin“ definitiv am falschen Ort. Conny, Gary und Otto, die ihre Initialen im Bandnamen „C.G.O“ verewigt haben, machen mächtig Laune. Bei den Nachbarn in der „Weinstube Platz’l“ sorgt „Next 2U“ für Druck. Draußen auf der Neuen Gasse mischen sich die Gäste der beiden Kneipen zu einer großen Partygruppe.
Der Stilrichtung treu bleibt man im Uncle Sachtmo’s: Zur „Blue Night“ gehört Blues – vom Feinsten natürlich: Deshalb wurde die Münchner „Blue Notes Blues Band“ engagiert. Eine Combo, das steht nach einem Blick ins Publikum fest, auf junge und hübsche Damen eine geradezu magnetische Anziehungskraft ausübt. Über zu wenige Gäste und weibliche Fans kann sich auch „Pistol Pete & The Dixieland Highgrass Band“ nicht beklagen. Die Nachwuchsband spielt im „Dicken Hund“ auf – und das sehr professionell.

Erfreulich der reibungslose Verlauf der Großveranstaltung. „Total friedlich“ meldet der Veranstalter – was die Polizei bestätigt: Im Verlauf der Blue Night wurden die Streifenwagen zu keinem außerplanmäßigen Einsatz gerufen.

 

Allgäuer Zeitung, 26.04.2008, Otto Fritsch

Foto: Band

Jazzige Weihnacht

Jazzige Weihnacht

„Jingle Bells“ & Co. Max Greger jr. und seine Band im Uncle Satchmo‘s

Wenn einem mehr oder weniger swingende, vorwiegend amerikanische Weihnachtslieder beim adventlichen Geschenkkauf um die Ohren gehauen werden, dann ist man irgendwann so genervt, dass man innerlich abschaltet. Eigentlich schade um die Musik, die in ruhigen Momenten mit authentischem Sound gut genießbar ist. Vergangenes Wochenende hatte man im Uncle Satchmo‘s die Gelegenheit dazu, denn Max Greger jr. und seine Band boten mit „Swinging Christmas“ beste Unterhaltung.

Nur äußerlich unterkühlt

Auch wenn draußen die Schneeflocken nur in zählbarer Menge niedergingen, fühlte man sich in „Sleigh Ride“, Leroy Andersons unnachahmlicher Beschreibung einer Schlittenfahrt, gleich in die passende Stimmung versetzt. Max Greger garnierte am Keyboard seine Melodien mit bisweilen höchst virtuosen Koloraturen und ließ auch mal harmonisch die Zügel fahren. Rocky Knauer aus dem kanadischen Vancouver zeigte, das Coolness nur äußerlich zu den Haupteigenschaften eines Bassisten gehört. In seinen melodisch einfallsreichen Soli bewies er, dass er mehr kann als nur das harmonische Fundament legen. Schlagzeuger Max Kinker, einziges Band-Mitglied aus „usA“ (,‚unserem schönen Allgäu“) hielt sich zu- nächst noch vornehm zurück. Vor der Pause zeigte der Marktoberdorfer jedoch mit einem fulminanten Solo, was in einer jazzigen Version von „Jingle Bells“ so alles möglich ist.

Die drei blieben nicht unter sich, sondern wurden von drei recht unterschiedlichen Gesangssolisten begleitet. Nina Michelle, wie Knauer auch aus Vancouver, präsentierte sich mit leicht rauchiger Stimme und viel Volumen bei „Have yourself a merry little Christmas“ oder „Frosty the Snowman“, das melodisch wohl nicht ganz zufällig dem Lied vom rotnasigen Rentier Rudolph ähnelt.

Bluesig wurde es beim Auftritt des optisch und stimmlich schwergewichtigen Amerikaners Anthony Bullock. Auch zu ironischen Zwischentönen war er mit seiner wandlungsfähigen Stimme in der Lage, beispielsweise in „I saw Mommy kissing Santa Claus“. Ohne übertriebenes Sentiment sangen beide die Ballade „I‘ll be home for Christmas“, bevor der Drummer in „Jingle Bells“ die Aufmerksamkeit auf sich zog und dabei mit Body Percussion ebenso aufhorchen ließ wie mit Anspielungen auf Maurice Ravels „Bolero“.

Maximilian Rudolf Sebastian Greger, Enkel und angehender Jurist, komplettierte mit natürlichem Stimmtimbre und viel Swing-Feeling die Sängerriege. Auf der Gitarre brauchte er sich ebenfalls nicht zu verstecken. Im Duo mit Anthony Bullock machte er im abschließenden „Run Rudolph Run“ von Chuck Berry, immerhin ein Altersgenosse seines Opas, auch als Rocker eine gute Figur.

 

Allgäuer Zeitung, 14.12.2007 – Joachim Buch

Foto: Joachim Buch