Durchsichtig gestrickt

Kaum Überraschungen beim „Männerschlussverkauf“

Kaufbeuren Die Realität ist unbarmherzig, doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Gisela Mang ist verzweifelt: Irgendwo muss er doch stecken, der Mann ihrer Träume. Alles hat sie schon versucht, immer vergebens. Jetzt soll ihr Frau Möbenbach im Kampf gegen das Alleinsein helfen. Die ist ja nicht umsonst Psychologin. Die wird schon eine Lösung finden, denkt sie.

Doch schon im ersten Akt von „Männerschlussverkauf“ wird klar – es kommt ganz anders: Supermann ist und bleibt nur eine Illusion. Gerade diese Vorhersehbarkeit des Stücks von Johannes Galli ist zugleich eine seiner größten Schwächen. Überraschungen bleiben aus, der Erkenntnisgewinn geht gegen Null …

Übrig bleibt beim „Männerschlussverkauf“ also nur der Spaß an Situationskomik und lustigen Dialogen — immer vorausgesetzt, die pädagogisch angehauchte Zwei- Frauen-Komödie ist entsprechend besetzt.

Applaus beim Kostümwechsel

Bei der Aufführung des Theaters Greifenberg im Jazzkeller „Uncle Satchmo‘s“ konnte aber nur Simone Mutschler als Psychologin Möbenbach wirklich überzeugen. Ihre Partnerin Helga Buchmann fiel im Vergleich zu ihr deutlich ab. Applaus erhielt die aparte Blondine dafür beim Kostümwechsel, den das Greifenberger Theaterduo zum wesentlichen Bestandteil der Komödie ausbaute. Retten konnten die minutenlang zelebrierten Verwandlungen …

 

Allgäuer Zeitung, 14.07.2007 – Otto Fritsch

Foto: Langer

Verflixtes Schönwetter

Verflixtes Schönwetter

Keine Chance für den Keller-Auftritt von „Zydeco Annie“

Oben im Biergarten brummt’s, aber im kühlen Adlerkeller sitzt nur eine Handvoll Fans. Gegen die Frühlingssonne hat auch heißer Südstaaten-Sound keine Chance. Beim Blick auf die leeren Stühle im Uncle Satchmo’s muss Zydeco Annie“ erst mal durchschnaufen. Dann reagieren Anja Baldauf und ihre vier Musikerkollegen professionell: „Jetzt san ma scho mal do, jetzt wird auch g’spielt“, meinen die „Swamp Cats“.

Bei freiem Eintritt gibt’s vier Stücke im Kellergewölbe, für den Rest des Abends ziehen die „Swamp Cats“ um, spielen im Freien. Zwar ohne Schlagzeug und Verstärker, aber dennoch eine prima Generalprobe für einige Open-Air-Konzerte auf ihrer Tour, bei der die Band in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und bei den „Harmonica Days“ in Prag auftreten wird.

Mit oder ohne Strom, die stilistische Bandbreite der Combo ist beeindruckend. Swing, Blues, Boogie, Rock’n’Roll – alles dabei. Die Hauptrolle spielt aber der klassische Zydeco, die heftige Mixtur aus kreolischen Rhythmen und alpinen Akkordeon-Klängen, die Auswanderer aus Deutschland und Frankreich einst mit nach Louisiana brachten. Eine schwungvolle Tanzmusik, die Lebensfreude pur vermittelt und Lust aufs Steppen und Grooven macht.

Auch technisch gibt’s nichts auszusetzen. Mit Jens Ohly (Bass), Rolf Berger (Schlagzeug) und Mike Kaindl (Gitarre) stehen drei erfahrene Musiker auf der Bühne. Und Roland John, der junge Saxophonist, fügt sich nicht nur mit seinem stilechten Südstaaten Outfit prima in die Formation ein.

Explosives Akkordeon

Eine Klasse für sich ist Anja Baldauf, eine Ausnahme-Akkordeonistin aus der Nähe von Krumbach. Die Vollblutmusikerin spielt die „Ziehackn“ wie eine übergroße Gitarre: druckvoll, sicher, explosiv, einfach mitreißend. Für den – hoffentlich – nächsten Auftritt in Kaufbeuren bleibt „Zydeco Annie“ und ihrer guten Band deshalb nur schlechtes Wetter zu wünschen.

Prima Band, von der freilich kaum einer Notiz nehmen wollte: „Zydeco Annie“ Anja Baldauf und ihre „Swamp Cats“ im Uncle Satchmo’s.

 

Allgäuer Zeitung, 16.04.2007 – Otto Fritsch

Foto: Langer

Das Travestie-Duo Mandy & Kilian im Uncle Satchmo’s

„Du kannst misch ‚aben“

Kaufbeuren Im April mussten Mandy & Kylian ihre Fans noch vertrösten. Da war das Travestie-Duo selbst zwar in Kaufbeuren, doch das Gepäck lag auf einem Flughafen in Frankreich – Auftritt abgesagt. Zum Ausgleich legten die beiden nun im Uncle Satchmo’s eine Sonderschicht ein: Nach zwei knallvollen Abenden gab’s eine zusätzliche Show mit dem neuen Programm „Las Vegas“.
Schräg, schrill, frivol und unglaublich rasant, so präsentiert sich auch die neue Revue der beiden Entertainer, die im nächsten Jahr tatsächlich über den großen Teich fliegen und in Las Vegas auftreten. Die Amis können sich auf was gefasst machen, denn Mandy & Kylian stehen unter Strom. Der Takt ihrer Show ist atemraubend: Tanzen, Singen, Zaubern, Frauen anmachen, Männer verführen, Witze reißen, nach drei Minuten in ein anderes, knallbuntes Kostüm schlüpfen – alles geschieht mit spielerischer Leichtigkeit.
Auch der Draht zum Publikum ist sofort da. Alles folgt der Show begeistert, denn jeder weiß: Mandy, die scharfe Blondine auf der Bühne, ist eigentlich ein Mann. Doch nichts ist stärker als die menschliche Vorstellungskraft. Ein feuriger Cancan zum Start, ein langer Blick auf die noch viel längeren Beine, ein hellblaues Augenzwinkern, ein hingehauchtes Küsschen, und der Ehemann in der ersten Reihe bekommt rote Backen. „Ich liebe Männer mit einem L in der Mitte, so wie Hellllmut“, seufzt Mandy und zeigt ihren knallroten Schmollmund im Brigitte-Bardot-Format.

Und natürlich liebt Mandy auch Kylian, ihren Partner. Was wiederum die Frauen im Publikum gut nachvollziehen können. Denn als Monsieur Kylian zu Tom Jones und „Sex Bomb“ (fast) alle Hüllen fallen lässt, atmen nicht nur die Kellnerinnen tief durch. Auch die Damen am Zweiertisch fangen an zu tuscheln, denn der braungebrannte Stripper ist wirklich sehr gut gewachsen, wie die Allgäuer sagen. Kein muskelbepacktes ChippendaleMonster im Schnürl-Tanga, sondern ein fescher, durchtrainierter Bursch mit CasanovaBlick und einem Lächeln, das mit französischem Akzent flüstert: „Du kannst misch ‚aben.“
Frivol, doch nie schmuddelig.

Dass die frivolen Späßchen zwar derb daherkommen, aber immer fein ausbalanciert sind und nie ins Schmuddelige gehen, macht die Klasse dieses Duos aus. Auch die scheinbar mühelose Umstellung der für große Bühnen wie im Hamburger „Pulverfass“ konzipierten Choreographie auf die beengten Verhältnisse im Uncle Satchmo’s zeigt den professionellen Charakter der beiden. Selbst eine ausgereifte Magier-Nummer mit einer großen Holzbox, in der Mandy verschwindet (und natürlich unversehrt wieder auftaucht), fand irgendwie Platz auf der Mini-Bühne.

Zwei besonders starke Nummern des Duos fehlen auch im neuen Programm nicht: Mandys Metamorphose vom grausligen Teufel mit blutroten Hörnern zum sexy Engel im weißen Kleid, das auch Cher gut stehen würde. Und natürlich ihre umwerfende Tina-TurnerNummer. Die ist wirklich „saustark“, da muss man dem Publikum recht geben.

 

Allgäuer Zeitung, 07.12.2006 – 0. Fritsch

Foto: Langer

Winter kann kommen

Winter kann kommen

Große Klasse: Das Max Greger junior Quartett

Graupelschauer, Matsch, Eisklumpen – ganz egal, nach diesem Abend kann der Winter ruhig kommen: „Let it snow“, immer runter mit der weißen Pracht. Ein Konzert mit dem Max Greger junior Quartett genügt und die ungemütlichste aller Jahreszeiten verliert ihren Schrecken. Kurz vor dem Start ihrer „Swinging Christmas“-Tournee gastierte die Band mit ihrem Programm „Swing Time im Herbst“ im Uncle Satchmo’s.

Vorweg ein Hinweis für alle Dixie-Frühschopper und Fußballer: Das Greger-Quartett, das ist Championsleague, die anderen spielen Regionalklasse. Die Namen allein bürgen für Qualität. Rocky Knauer, ein vielbeschäftigter Bassist, der sich auch in einer Hardrock-Band gut halten könnte. Am Schlagzeug Max Kinker, ein diabolischer Drummer, der nur so aussieht wie der netteste aller Lieblings-Schwiegersöhne. Am Piano Max Greger junior, genetisch vorbelasteter Bandleader, der Musik lebt und nicht nur macht. Und zum Drüberstreuen Nina Michelle, eine klassisch ausgebildete, jazzverliebte Sängerin wie aus einem Humphrey-Bogart-Film.

Perfekter Sound war bei dieser Top-Besetzung also zu erwarten. Doch wie locker-lässig die vier Profis aus Bayern und Kanada dahin swingen, das macht einfach fassungslos. Man hat den Eindruck, die vier sind nur mal eben bei guten Freunden vorbeigekommen, um ein bisschen Musik zu machen: Greger, so sieht es aus, verscheucht mit seinen schlanken Fingern ein paar Fliegen auf den Piano-Tasten, während Kinker lächelnd den Stahlbesen rascheln lässt und Knauer cool-gelangweilt seinen Kontrabass zupft. Jeder Akkord, jeder einzelne Ton dabei in Studioqualität. Wie machen die das? fragt man sich unwillkürlich.

Bevor man sich weiter das Gehirn zermartert, hat Nina Michelle ihren Espresso ausgetrunken und geht zur Bühne. Doch nach dem ersten Song der aparten Vokalistin aus Vancover ist das Rätselraten noch größer. Wie macht sie das nur? Wie aus dem Nichts ist sie da, diese leicht rauchige, verwirrend schöne Stimme, die traurige Lieder von Nina Simone und Billy Holliday so schmerzhaft authentisch singt, wie man es nur nach einem ebenso tragischen Leben rüberbringen kann – mit prügelnden Ehemännern, Alkohol, Drogen und dem ganzen anderen Mist. Doch auf die Frage in der Pause reagiert sie nur amüsiert: Nein, sie hat keine schlechte Kindheit gehabt, ganz im Gegenteil; nein, sie raucht auch nicht, hat sie noch nie.

Die Hingabe zur Musik, meint sie mit einem charmanten Lächeln, die komme wohl von ihrem Vater. Dass der selbst ein bekannter Pianist und Kollege von Dizzy Gillespie war, erwähnt sie nicht. Sie ist Teil der Band, nicht der Star. Eine Einstellung, die auch ihre drei Kollegen teilen. Jeder ein Ausnahmemusiker für sich, doch der Sound geht vor. Selbst das orgiastische Solo von Max Kinker bei Duke Ellingtons „Caravan“ ist trotz aller Furiosität genau getimt und so dezent gespielt, dass auch in den Vollgaspassagen jedes Detail herauszuhören ist. Ein Genuss wie alle anderen Soloeinlagen, die vom Publikum mit stilvoll dosierten Zwischenapplaus honoriert wurden.

Ein hochklassiges Musikerlebnis, das wohl nur getoppt werden kann, wenn aus dem Quartett ein Quintett wird. Bei der „Swinging Christmas“-Tournee, sagt Max Greger zum Schluss im breiten Münchner Dialekt, „da ham wir no an schwoarzen Sänger dabei, den Tony Bulluck. Des wiard ganz guat“.

 

Allgäuer Zeitung, 16.11.2006 – Otto Fritsch

Foto: Wild

Adlerkeller ist gekrönt

Preisverleihung Goldene Servicekrone 2006 – Schlemmen in Deutschland

Mit der „Goldenen Servicekrone 2006 – Schlemmen in Deutschland“ wurde das historische Wirtshaus „Adlerkeller“ in Kaufbeuren erstmals geehrt. Diese internationale Auszeichnung steht für exzellenten Service (Foto unten) am Gast und wird vom Excelsior Business Club e.V. jährlich an ausgewählte Restaurants und Hotels vergeben. Nach eigener Aussage ist der „Adlerkeller“ der einzige in Kaufbeuren, der sich krönen darf.

 

Allgäuer Zeitung – 14.01.2006

Foto: Schmid