Klazz Brothers & Cuba Percussion mischen Stile und die Musikgeschichte

Kaufbeuren Crossover allerorten. Das Zauberwort für die Verbindung scheinbar unvereinbarer Musikstile mag inzwischen unter seiner etwas inflationären Verwendung leiden. Die Mischung aus Klassik, Jazz und kubanischen Rhythmen, wie sie das sächsisch-kolumbianisch-kubanische Quintett Klazz Brothers & Cuba Percussion präsentiert, ist jedoch in ihrer Vielseitigkeit einzigartig. Mehr als zehn Jahre nach ihrem ersten Auftritt in Kaufbeuren und mit einem Klassik-Echo in der Tasche kehrte die in allen großen Hallen der Welt heimische Gruppe wieder auf die kleinste Bühne zurück, auf der sie jemals aufgetreten ist.

Mit leichter Verspätung erschienen die fünf frack-würdigen Musiker ganz in Weiß auf der Bühne im Podium, gaben sich aber nicht allzu seriös, sondern ließen mit flunkernden Moderationen aufhorchen. Würde man die Ausführungen von Kontrabassist Kilian Forster ernst nehmen, dann müssten viele Kapitel der Musikgeschichte neu geschrieben werden: So sei der Salsa angeblich 1723 in Leipzig von Johann Sebastian Bach erfunden worden. Auf kopfschüttelndes Lachen folgte Erstaunen im Publikum: Pianist Bruno Böhmer Camacho brillierte als Solist in einer eigenen Version des c-Moll-Präludiums aus dem „Wohltemperierten Klavier“, eingebettet in authentisch kubanische Begleitung.

Jacques Loussiers „Play Bach“ findet hier eine überzeugende Latin-Alternative. Tim Hahn bildete am „Rumpf-Schlagzeug“ eine gute Grundlage für die beiden Kubaner Alexis Herrera Esteves und Elio Rodriguez Luis, Letzterer in seinem Erscheinungsbild und seinem deutschen Akzent sehr an Roberto Blanco erinnernd.

Flunkereien und Selbstironie

Die Weltreise ging weiter. Mit ein wenig Einbildungskraft konnte man sich nach Forsters Ansage in die Region um den Kilimandscharo versetzen und nachvollziehen, dass man Edvard Griegs „Halle des Bergkönigs“ im entsprechenden rhythmischen Umfeld auch einige Kilometer südlich von Norwegen finden kann. Mit herrlicher Selbstironie improvisierten die fünf eine Probenszene nach, in der sich aus dem berühmten Menuett von Luigi Boccherini ein Chachacha im 3/4-Takt entwickelte. Luis forderte einige Damen aus dem Publikum zum Tanz auf und musste nicht lange bitten. Freunde vertrackter Rhythmen kamen im zweiten Teil auf ihre Kosten. Das Menuett aus dem „Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach“ war recht schwierig zu erkennen. Etwas leichter war es in „Don Machete“, wo das Trio – ohne die beiden Kubaner – den berühmten „Säbeltanz“ von Aram Catschaturjan in einer Version im 7/8-Takt spielte.

Forster hielt seine Flunkereien bis zum Schluss durch. Seinen Kollegen Esteves stellte er als den einzigen Musiker vor; der barockes Bongo und romantisches Triangel studiert habe. Letzteres kam im „Go-pak“ aus Tschaikowskys Ballett „Der Nussknacker“ zum Einsatz, der auf abenteuerliche Weise mit „El Cumbanchero“ verbunden wurde. Zum großen Mitmach-Finale („Ihr sitzt schon viel zu lange hier nun.“) dichtete die Band einem weiteren großen Klassiker Einflüsse auf die afro-kubanische Musik an. „Wer hat den Mambo erfunden? Richtig: Ludwig van Beethoven.“ Mit einer „Mambophonie“ auf das Thema von „Freude schöner Götterfunken“ ging ein unterhaltsamer Abend zu Ende.

 

Allgäuer Zeitung, 08.02.2014 – Joachim Buch
Foto: Mathias Wild