Christian Überschall, diesmal voll überzeugend

Das eigentliche Wunder von Bern, so ist sich zumindest Christian Überschall absolut sicher, das hat sich nicht erst im Sommer 1954 zugetragen, sondern schon im November 1942. Da kam er im Berner Oberland auf die Welt – was an sich schon Wunder genug sei. Was ihn endgültig zum Wunder von Bern wer den ließ, ist seine wundersame Wandlung vom schnöden Steuerberater zum renommierten Kabarettisten.

Diesmal brachte der eidgenössische Sprachkundler „das Beste aus zwölf Jahren Kabarett“ mit in den ausverkauften Adlerkeller – und lieferte eine überzeugende Vorstellung ab. Was auch in Ordnung war, schließlich hatte er beim Kauf teurer Publikum noch etwas gutzumachen: Anfang Januar ging der Test seines neuen Programms „Hotline“ noch gründlich in die Hose, Überschall musste es vor der Pause stoppen. Sein „Best of“ dagegen war perfekt vorbereitet, der satte Applaus verdient. Immer wieder ein Genuss: Die linguistischen Betrachtungen und ethnologischen Studien des (in Ehren ergrauten) Eidgenossen.

Das politische Kabarett ist Überschalls Sache allerdings nicht, auch wenn er sich den einen oder anderen Seitenhieb gegen die Mächtigen im Land nicht verbeißen kann.

Wer wie Überschall ausgerechnet 1968 nach München zieht, dem ist in dieser Hin sicht sowieso nicht mehr zu helfen. Wer dann auch noch hängen bleibt, an dieser . „Mischung aus Raiffeisen und Armani“ (Über schall), muss masochistisch veranlagt sein – oder eben Kabarettist. Denn der hat auch an der Isar genug zu lachen, schon allein, weil es dort auf so typische Vertreter der Gattung homo monacoensis trifft wie Fritz Wepper: „Immer leicht aufgeschwemmt, aber irgend wie doch kernig“.

Überschall ist ein Entertainer der ruhigen Art, der spielend und wortgewandt vom derben Humor zur leichten Ironie wechselt und sein Publikum dabei nicht wildgewordener Gestik und Mimik überfordert.

Wie der Münchner Schriftsteller Herbert Rosendorfer ist Christian Überschall in der Lage, einen messerscharfen Blick von ganz weit oben auf das sonderbare Verhalten der Zweibeiner dort unten auf der Erde zuwerfen. Dabei stößt fast er zwangsläufig auf Kuriositäten des Alltags, die die meisten von uns vor lauter Geschäftigkeit gar nicht mehr wahr nehmen.

 

Allgäuer Zeitung – Otto Fritsch