Benefiz – 4 Jahre Uncle Satchmo’s

Benefiz – 4 Jahre Uncle Satchmo’s

Vier Jahre besteht jetzt schon der Kellerclub Uncle Satchmo’s in Kaufbeuren, und wie schon in den vergangenen Jahren veranstalteten die Wirtsleute Yvonne Rech und Rudi Mergenthaler zum Geburtstag eine große Benefizgala zugunsten der Klasse 2000. Dies ist ein weiterhin sehr Hauptschulen, das nach Aussage des Festredners Dr. Peter Gleichsner einen statistisch gut nachweisbaren Effekt auf den Suchtmittelkonsum der Schulkinder ausübt und im Kaufbeurer Raum so flächendeckend wie beinahe nirgends sonst eingeführt ist.

Durch den Abend führte wie immer Gitarrist Mandy Lotter, der nur mit Mühe die in großer Zahl angereisten Interpreten (die sämtlich zugunsten der Klasse 2000 auf ihre Gagen verzichteten) alle im Programm unterbringen konnte. Die Liedermacher Trollius Weiss und Willi Sommerwerk sorgten gleich zu Beginn für gute Laune mit einer amüsanten Instruktion zur „Aktivierung des Basis-Chakra“, danach gab es Rock mit „Robespierre“, Swing von der Hausband, afrikanische Djembe und Didgeridoo, australische Folksongs, Musicalhits mit „Star People“ und als Stargast den südafrikanischen Tenor Joe Curtis. Dieser, lange Zeit mit Ambros Seelos auf Tour, zeigte in Begleitung von teilweise Playback, teilweise Sessionband makellos mitreißende Interpretationen etwa von „Summertime“ oder „Amen“.

Dann wie immer die große Tombola, in der neben etlichen von umliegenden Firmen gestifteten Sachpreisen eine Ballonreise und sieben Wochenenden mit Candlelight-Dinner zu gewinnen waren, gestiftet großteils von früheren Gewinnern des Gastro-Award, den dieses Jahr Uncle Satchmo’s ergattert hatte. Hauptgewinn war ein 5-Sterne-Weekend mit Luxus-Audi, und entsprechend strahlte auch die glückliche Gewinnerin.

Lange nach Mitternacht wurden dann die Reihen lichter, doch mit erdigem Blues von dem Trio „Blues District“ kam dann noch ein lauter Knaller, und zu guter Letzt überraschten noch die Newcomer „Red Blooms“ mit pfiffigem 20er-Jahre-Blues, der die verbliebenen Gäste nochmal zu einem Begeisterungssturm hinriss – es war der erste Auftritt der Band!

09.11.2001 – Klaus Büttermann

Busenwachstum bei Applaus

Busenwachstum bei Applaus

Ein frecher Travestie-„Cocktail“ im Uncle Satchmo’s

Kaufbeuren Ein musikalisches Showprogramm mit einer Mischung aus Livegesang und Playback gab es im Uncle Satchmo’s beim Travestie-„Cocktail“ mit Christin Caliandro und Chantal Gelantine.

Wenn ein gewisser Robert die Bühne betritt, ist jedem klar, er ist ein Mann. Die Haare kurz und mit rasierten Mustern durchsetzt, zweifelt daran niemand. Doch während er wehmütig das Lied von der Verwandlung der grauen Maus zum schönen Schwan singt, wird klar, wie klein die Spanne zwischen „weiblich“ und „männlich“ sein kann. Aus Robert wird in kurzer Zeit Chantal Gelantine im eleganten Abendkleid mit wallenden roten Haaren.

Spätestens, als Christin Caliandro als blonder Vamp im hautengen, ausgefallenen Outfit kundtut, dass sie Männer mit Muskeln, die ein bisschen brutal sind, liebt, weiß man nicht mehr, ob man einen Künstler oder eine Künstlerin vor sich hat. Die endlos scheinenden schönen Beine, der Busen, der laut Christin mit dem Applaus wächst, lassen alle Fragen offen. Die Komödianten nehmen nicht nur sich selbst, sondern auch das Publikum auf die Schippe. Sie setzen sich den Herren ungeniert auf den Schoß und locken „Komm zu Onkel Tante“, sie würzen die Show mit vielen Anzüglichkeiten, frechen Sprüchen und frivolen Gesten. Der Herr mit den Rentieren auf dem Pullover wird ebenso wenig verschont wie ein junger Mann, der auf die Bühne entführt wird. Seine Erleichterung, als ihm Christin die Hose lässt, ist gut nachfühlbar.

Doch trotz aller Komik und Parodie bieten die beiden Künstler(innen) auch ein musikalisches Plädoyer für mehr Toleranz gegenüber dem „Anderssein“. Mit dem umgetexteten Lied „Ob du so oder so oder anders bist, das ist doch ganz egal“ und dem Stück „Mann oder Frau, wer weiß das genau?“ endete ein abwechslungsreiches Programm.

 

Allgäuer Zeitung, 12.10.2001 – Anke Graupner-Vycichlo

 

 

Charly Augschöll’s „HotLine“

Charly Augschöll’s „HotLine“

Am vergangenen Samstag war im Kaufbeurer Satchmo’s mal wieder ausverkauftes Haus angesagt für Charly Augschölls „Hotline“, die ihre neue CD „Take that Thing“ präsentierten. Soul, Reggae und Balladen aus eigener Feder beinhaltet das neue Programm, in bewährt kraftvollem Groove mit raffinierten Arrangements – vorwiegend funky und heiter, auch Salsa darf mal mitklingen. Für den rhythmischen Schmackes sorgen Max Kinker am Schlagzeug und Wolfgang Gleixner am Baß, während Thomas Bauer an den Keyboards in bewährter Manier für die Harmonie und die balladesken Elemente zuständig ist.

Charly Augschöll ging wie immer in die Vollen, an den Saxofonen ebenso wie mit Querflöte und Gesang. Soviel scheinbar unermüdliche Kraft, Tempo und Virtuosität der Artisten verlangen auch dem begeisterten Publikum einiges ab, und so forderte es schlussendlich leicht erschöpft wieder und wieder den Beweis nimmer endender musikalischer Potenz.

 

31.03.2001, Klaus Büttermann

Klaus Peter Schreiner „Meistersatire“

Im Kaufbeurer Kellerclub Uncle Satchmo’s war am vergangenen Freitag einer der Altmeister des deutschen Kabaretts zu Gast: Klaus Peter Schreiner, seit 1955 aktiv, Hausautor der Münchner Lach- und Schießgesellschaft und langjähriger Mitstreiter von Dieter Hildebrand, regte mit seinem geschliffenen Wortaberwitz die literarischen Geschmacksnerven des begeisterten Publikums so fein an, dass es sich gar nicht satthören konnte.

Nach anfänglichen Versen über den männlichen Cabaret-Besucher ging Schreiner gleich voll in die Politik – die von Adenauers Wahlkampfplattitüden zwar aus dem Jahre 1957, als die junge Republik noch voller alter Nazibonzen steckte, die in der SPD den Garanten für den Untergang Deutschlands wähnten. Obwohl sie doch selbst darin Profis waren! Weiter ging der meistersati(e)rische Reigen dann über das neu definierte Märchen „Null Bock und die 7 Geißlein“ und die Poetik von Zeitungsüberschriften zur geistig-moralischen Wende von 1982, auf köstliche Weise in eine geophysikalische 90-Grad-Drehung der BRD umfunktioniert.

Weit gespannt und immer wieder hochaktuell blieb der Themenbogen bis zum Ende, und von Öko bis Mikroelektronik, vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit bis zum Behördenschwachsinn, von der Verpflichtung des Eigentums bis zum „Angstfreien Batiken mit Hildegard von Bingen“ weckte der Meister mit seinen Satiren das Verlangen nach mehr von dieser fast ausgestorbenen Art von geistvollem, feinem und dabei doch messerscharfem Kabarett. Die eingestreuten neuerzählten Märchen, etwa vom unerlösten Froschkönig oder vom geldmachenden Rumpelstilzchen, sind originell und voller überraschender Wendungen, die Reime erinnern in der Qualität an Kästner, Roth und Ringelnatz, und Schreiners Betrachtungen zu Fahne und Bettlaken sollte man direkt als Pflichtlektüre für alle Teilnehmer an der dämlichen Nationalstolzdebatte fordern.

Wenn dann ein höchst lebendiger, kluger und freundlicher älterer Herr wie Klaus Peter Schreiner schließlich, den Gehstock in der Hand, aus den vorgeschriebenen Minutenwerten für bestimmte Verrichtungen in der Altenpflege vorliest, schleicht ein Grauen durch den Raum, wie es echte Satire kaum erzeugen kann. Und man kann verstehen, dass der 70jährige für seine Grabinschrift vorschlägt: „Hier liegt ein Satiriker – es wurde immer schwieriker!“

Gut, dass er uns danach noch ein fröhlicheres Betthupferl mit auf den Weg gegeben hat!

 

30.03.2001 – Klaus Büttermann

Vergnügliche Sprachlehre mit Christian Überschall

Vergnügliche Sprachlehre mit Christian Überschall

Kaufbeuren Kunst, so lehrt die Erfahrung, ist eine Mischung aus Handwerk und Talent. Vieles an ihr kann man lernen, das entscheidende Quäntchen zur Perfektion aber muss der Künstler selber mitbringen, sonst wird es nichts mit ihm. In Berlin gibt es seit kurzem mit Richard Rogler den ersten Professor für Kabarett. In Zukunft also, so stellt man sich das vor, werden die Brettl-Bühnen von Diplomkabarettisten bevölkert, und Referenz-Presse und CDs, sondern auch Hochschulzeugnisse auf den Schreibtisch.

Momentan jedoch, so lässt sich mit Erleichterung feststellen, handelt es sich beim klassischen Kabarettisten um einen Quereinsteiger. Ein Mensch also, der einen ganz anderen Beruf gelernt hat, dem aber der Alltag irgendwann über den Kopf gewachsen sein muss, so dass er sich fortan als Reisender in Skurrilitäten betätigt. Christian Überschalls Kultprogramm „Die Zuzibilität der Weißwurst“ ist eigentlich nichts anderes als ein Schnellkurs in dialektaler Linguistik. Doch während Studenten bei solchen Ausführungen in den Hörsälen mit dem Schlaf kämpfen, bekommen es die Zuschauer bei Überschall hauptsächlich mit ihrem Zwerchfell zu tun.

Im restlos ausverkauften Satchmo’s geht es zunächst um die Herkunft, ein geschickter Auftritt durch die Hintertür. Das deutsche „Autobahndreieck“ in der Schweiz „Verzweigung“ und in Österreich „Verknotung“ genannt, dient Christian Überschall als erstes Beispiel der babylonischen Sprachverwirrung im deutschen Sprachraum und bietet zugleich einen ersten Interpretationsansatz zu Logik beziehungsweise Unlogik der jeweiligen Volksseele. Wer austeilen will, muss auch einstecken können. Weil ein Kabarettprogramm aber kein Dialog, sondern ein Monolog ist, legt Überschall zunächst ein paar Witze zur Schweizer Mentalität vor. Der Schweizer als Temposünder, wenn auch im umgekehrten Sinne, der die Schnecke als zappeliges Tierchen bezeichnet. Oder das Sexualverhalten der Schweizer als „Erregungskurve, die flach anläuft, um dann abrupt abzubrechen“.

In medium rex

Nach einer kleinen Klaviereinlage aber geht es dann „in medium rex“, rein in die bayerische Volksseele. Seit zwei Jahrzehnten lebt Christian Überschall in München, und er hat die Zeit reichlich genutzt zum Zuhören und Zusehen. Alles lässt sich aus seiner Sicht linguistisch interpretieren. Zum Beispiel die bayerische Orientierungslosigkeit, die sich in Ausrufen wie „ja wo samma denn“ manifestiert. Oder das berühmte „geh kimm“, das Überschall den kategorischen Imperativ der Bayern nennt. Über bayerische Tautologien wie „mir san mir“ geht es dann auf geradem Weg ins „Feuchtbiotop München“, wo der Schweizer Statement-Perlen am laufenden Meter zusammengetragen hat.

Bei alldem aber wird Überschall niemals auch nur ansatzweise beleidigend oder diskriminierend. Es sind die liebenswerten Gewohnheiten eines Menschenschlags, die er aufs Korn nimmt. Sein schlimmster Albtraum, so der Kabarettist, sei es, irgendwann plötzlich in Niedersachsen aufzuwachen – mitten unter Menschen, die, jedenfalls von hier aus betrachtet, über weniger profilierte Volksbräuche verfügt. In Bayern jedoch geht Überschall die Puste noch lange nicht aus. Zweieinhalb Stunden Kabarett-Power vom Feinsten, vom Satchmo’s-Publikum heftig bejubelt.

 

Allgäuer Zeitung, 05.01.2001 – André Krellmann